Weltretter mit Helfersyndrom
Eigentlich kenne ich es eher von meinem Mann. Er hilft wo er kann und bekommt es nicht übers Herz jemanden zu vertrösten, wenn Hilfe gebraucht wird. Aber diese Eigenschaft hat schon des Öfteren in Zwickmühlen geführt, denn am liebsten möchte er immer allen gleichzeitig helfen. Auch wenn es bis zur Erschöpfung führt, Weltretter wollen nun mal die Welt retten.
Unzufrieden mit sich selbst
In letzter Zeit fällt es mir zunehmend an mir selbst auf, dass ich unzufrieden mit mir bin. Dass ich nicht überall helfen kann, wo ich helfen möchte. Bei mir hat dies weniger mit körperlicher Hilfe, sondern mehr mit dem „Füreinander da sein“ zu tun. Ich ärgere mich über mich selbst, dass ich zu wenig an andere denke, für andere bete und viel zu selten nach ihnen Frage. Ich habe mir die Frage gestellt, warum ich nicht fortlaufend meine Facebookliste durch gehe und die Menschen anschreibe, denen es nicht gut geht, die Ermutigung gebrauchen könnten. Eigentlich könnte ich es auch in der Nachbarschaft tun. Und auch in der Gemeinde. Und warum tue ich das so selten in der Großfamilie und der Verwandtschaft? Was ist mit den Freunden, die im Ausland leben? warum frage ich so selten nach Ihnen? Warum bringe ich den Erziehern nicht endlich mal ein kleines Dankeschön mit in den Kindergarten? Warum backe ich nicht die ganzen Kuchen die ich backen wollte und bringe sie lieben Menschen vorbei? Warum habe ich eigentlich die Geburtsgeschenke noch nicht verteilt, die ich hier liegen habe? Warum rufe ich meine Eltern nicht öfter an?
Sich im Kreis drehen, bis zur Erschöpfung
Kurz vor Weihnachten war es soweit. Wir wollten bald aufbrechen zu den Familienheimreisen. Zuvor gab es so viel zu erledigen. Packen, Haushalt, Geschenke kaufen und verpacken. Obwohl ich mich in diesem Jahr wirklich zeitig bemüht habe mit dem Geschenkkauf zu beginnen, kam Weihnachten dann doch wieder so überraschend schnell, wie in den Jahren zuvor. Beim Einpacken erdrückt mich mein schlechtes Gefühl. Was ist, wenn der Beschenkte enttäuscht ist über sein Geschenk? Sollte ich nicht lieber noch etwas dazu kaufen? Mit zwei Wäschekörben unter den Armen, dem Mülleimer auf dem Kopf balancierend und die heißen Kartoffeln mit den Füßen aus dem Topf fischend, versuchte ich mein Bestes, jedem gerecht zu werden. Bis…. ich mir den Kopf ordentlich ordentlich gestoßen habe. So stark, dass ich ordentlich geerdet wurde. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn ich sank auf die Knie und konnte nur noch weinen. Weinen vor Schmerz und weinen davor, dass ich erkannte, niemals allen gerecht werden zu können. Weinend vor Erschöpfung. Mein Mann nahm mich liebevoll in den Arm, bettete mich sanft auf der Couch und sagte mir: „Du machst jetzt erstmal langsam, ich packe das Auto“. Es dauerte eine Weile, bis ich mich von meinem kleinen Zusammenbruch wieder erholt hatte. Neu sortiert und etwas gelassener konnte ich mich dann auf die Heimatreise einlassen.
Wie teile ich meine Zeit ein?
Nun, ich bin absolut dafür, dass man ein MACHER sein soll. Aber für mich stellt sich gerade die Frage, wo fange ich an und wo höre ich auf?
Wie erkenne ich, wo ich mich gerade investieren soll? Wo sollte ich es lassen? Darf ich es überhaupt lassen? Was sind meine Prioritäten?
Für mich steht da ganz klar die Familie im Vordergrund. Und es ist offensichtlich, dass wir uns nicht zerreißen können. Deswegen müssen wir auch kein schlechtes Gewissen haben. Das schlechte Gewissen packt mich ziemlich oft und will meine Person schlecht reden. ABER das schlechte Gewissen sagt mir nicht, welche Dinge ich gut mache. Ich bin kein Mensch, der den ganzen Tag Zuhause auf der Couch rumliegt und sich nur mit seinen eigenen Sorgen beschäftigt. Dann wäre mein schlechtes Gewissen wohl berechtigt. Mein Anliegen soll für die nächste Zeit sein, dass ich mir bewusst werde, was ich als Mama und Frau eigentlich alles rocke 🙂 Und dass ich diese Dinge dann auch weiterhin mit noch mehr Liebe anpacke und für sie brenne, statt mich in neue Baustellen reinzureiten. Ich möchte bewusster nach bestimmten Personen fragen, um die ich mich wirklich kümmern kann. Und ich möchte, dass Gott mir die richtigen Menschen aufs Herz legt, für die ich beten kann.
Der Schlüssel liegt im Gebet
Ich möchte mehr beten. Denn darin liegt das Geheimnis. Ich kann mich nicht zerreißen. Ich kann auch nicht die Welt retten. Aber Gott kann. Gott hat die Menschheit bereits gerettet und er rettet uns auch aus unserem Alltag, wenn wir darin zu versinken drohen.
Mich von Gott gebrauchen lassen
Deswegen will ich machen was mir möglich ist und was Gott mir aufs Herz legt. Sein lassen, wofür ich keine Zeit habe. Und abgeben, wo ich an meine Grenzen komme. Denn Gott hat nicht nur mich auf diesem Planeten, durch den er etwas bewirken kann. Da gibt es noch ganz viele weitere wunderbare Menschen, die Gott gebraucht, um für Andere da zu sein. Wenn wir uns alle gebrauchen lassen, tragen wir die Lasten gemeinsam und können so Großes bewirken.
In diesem Sinne,
Katharina
Wenn du auf der Suche nach Möglichkeiten bist, „Schlechtes Reden“ zu vermeiden, lies doch mal bei diesem Beitrag rein: KLICK
Januar 10, 2018 um 10:53 am Uhr
Hallo Katharina. Danke für diesen Artikel – einer von denen, die man immer wieder lesen sollte. Ich glaube, der Schlüssel liegt in dem Nebensatz „was Gott mir aufs Herz legt“. Ich habe mir angewöhnt, mir Anfang Jahr (und dann wieder Mitte Jahr, und manchmal auch zwischendurch) von Gott zeigen zu lassen, wo er mich gebrauchen will. Und die Familie nimmt jeweils einen ziemlich grossen Raum in meinem Kapazitäts-Kuchen ein. Dann weiss ich auch: Das ist es. Und was oben drauf kommt, wird er mir zeigen. Aber ich muss mich immer wieder dran erinnern!! 🙂 Herzliche Grüsse, Sonja
Mai 19, 2018 um 11:43 am Uhr
Danke!!
Du sprichst (schreibst) mir gerade aus der Seele!
Ich bin ausgelaugt,weil ich das Gefühl habe,alle um mich herum „retten“ zu müssen.
Aber dass das nicht geht und auch nicht so sein soll,besonders nicht mit zwei kleinen Kindern,muss ich lernen.
Wie recht du hast-Gott kann! Dessen möchte ich mir wieder bewusster werden.
Danke für deinen Artikel!
Liebe Grüße
Janina
Juni 24, 2018 um 4:06 pm Uhr
Vielen dank für diesen Beitrag ,in dem ich mich auch teilweise selber erkannte,auch erkannte was mich hat ausbrennen lassen und wie Prioritäten helfen,wieder in die Spur zu kommen.Und vor allem,wie der,der die Zeit erfunden hat,mir hilft, meine Zeit sinnvoll zu planen!Gott ist grösser als meine Pläne und Absichten und ER legt mir dann auch Menschen und Situationen aufs Herz, für die ich dann da bin,oder für die ich beten kann.Und schenkt mir die Gewissheit, dass ER sich um alles andere sorgt.Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und alles andere wird euch zufallen.Das ist unendlich beruhigend .
Gruss Susanne